125 Jahre Bahnhof Sülzenbrücken
- Geschrieben von: Bernd Hartung
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Sülzenbrücken, 15. Dezember 1895, 5.15 Uhr: „Die Bahnanlagen waren mit Fichtenbäumchen geschmückt, der erste Zug wurde mit brausendem Hurra begrüßt, das Fahrpersonal bewirtet.“ So euphorisch berichtete vor 125 Jahren der Chronist über die Eröffnung des Haltepunktes Sülzenbrücken. Immerhin führte die Eisenbahn schon fast dreißig Jahre unmittelbar am Ort vorbei. Nach langen Verhandlungen der Gemeinde und der Regierung in Gotha mit der Königlichen Eisenbahndirektion Erfurt erhielt Sülzenbrücken die Station im Zuge des zweigleisigen Ausbaus der Strecke. Allerdings musste die Gemeinde das Grundstück kostenlos bereitstellen sowie 9400 Mark an die Eisenbahn zahlen. Nach den Durchschnittslöhnen damals zu heute entspräche das einer Summe von fast 400.000 €. Es war eine unglaubliche Investition der kleinen Gemeinde in die Zukunft.
Die erste nach Haarhausen verkaufte Fahrkarte ist erhalten geblieben, sie kostete ganze 5 Pfennige. Bemerkenswert ist, dass bereits innerhalb des ersten Jahres Fahrkarten für 2.754 Mark verkauft wurden. Das Bahnhofsgebäude selbst wurde erst 1896 fertiggestellt.
Am 23. Februar 1945 ist der Bahnhof seiner Zerstörung knapp entgangen. Ein Munitionszug war durch Tiefflieger beschossen worden, geriet in Brand und kam am Ort zu stehen. In den brennenden Waggons explodierten die Granaten. Waggonteile und Granaten, selbst Schienenstücke, flogen bis weit in den Ort hinein. Für die Besatzung der zerschossenen Lokomotive und den Zugführer kam jede Hilfe zu spät. Vier Menschen hatten den Tod gefunden, es gab viele Verletzte. Ein Wohnhaus und mehrere Scheunen waren zerstört. Die Feuerwehren aus Sülzenbrücken und den Nachbarorten bis Ichtershausen waren unter Lebensgefahr im Einsatz.
Die größte Bedrohung ging jedoch von Luftminen im hinteren Zugteil aus. Es gelang, diese Waggons abzukoppeln und mittels einer aus Arnstadt angeforderten Lokomotive in den Geländeeinschnitt vor der Bahnhofseinfahrt zu ziehen. Am Folgetag wurden die verbliebenen Granaten aus den Waggons entladen und die verstreute Munition eingesammelt, die Gleise repariert. Auch hier gab es ein Todesopfer. Ein Pferdefuhrwerk schaffte die gefährliche Fracht in einen abgelegenen Flurteil zur Sprengung. Der Bahnhof und das Dorf Sülzenbrücken waren davongekommen.
Nach dem Krieg wurde das zweite Gleis als Reparationsleistung demontiert. Erst seit 1976 ist die Strecke wieder zweigleisig. Mit der Inbetriebnahme der ersten automatischen Halbschrankenanlage im Jahr 1985 blieb der Bahnhof unbesetzt. Heute ist die Gesamtanlage modern und nach dem Stand der Technik ausgerüstet.
Im Jahr der Eröffnung des Haltepunktes hielten je vier Züge in beide Richtungen, kurz darauf kamen bereits zwei hinzu. Das steigerte sich im Laufe der Jahre deutlich. Ein Blick in den Reichsbahnfahrplan 1988/89 dokumentiert auf der damals elektrifizierten Strecke je zwanzig Züge in Richtung Erfurt als auch in Richtung Arnstadt. Diese Zahl mit 40 Halts, meist im Stundentakt, ist bis heute erhalten geblieben. Der Bahnhof bleibt ein Standortvorteil für Sülzenbrücken.
Bernd Hartung
Von Monte Cassino nach Sülzenbrücken
- Geschrieben von: Daniel Streisel
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Vor 1275 Jahren, am 22. Oktober 741 (vielleicht auch erst 742) wurde in Sülzenbrücken der Pilger und Mönch Willibald zum Bischof geweiht.
Willibald ist um 700 in England geboren. Er kam schon als Kind ins Kloster und erhielt eine gründliche Ausbildung. Den Zwanzigjährigen drängte es, um Christi willen auf Heimat und Besitz zu verzichten und das Leben eines Pilgers zu führen. Auch seinen Bruder Wunnibald gewann er dafür. Ihre Pilgerschaft führte sie zunächst nach Rom. Wunnibald blieb viele Jahre dort. Willibald führte seine Sehnsucht nach Palästina, wo Jesus gelebt und gewirkt hatte. Danach lebte er zwei Jahre im prächtigen Konstantinopel als Einsiedlermönch an der Apostelkirche. Auf seiner nächsten Lebensstation war er von 729 an zehn Jahre lang Mönch im Kloster Monte Cassino in Italien. Nach seinen Wandererfahrungen ließ ihn die dort gepflegte Verbindung von Frömmigkeit, praktischer Arbeit und geistiger Kultur zu einer besonderen Persönlichkeit reifen.
Sülzenbrücken – ein Ort mit Geschichte
- Geschrieben von: Rüdiger Gebser
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Namenkundliche Studien zum Ortsname von Rüdiger Gebser
Sülzenbrücken – der Ursprung
Sülzenbrücken gehört nach Arnstadt, Mühlberg und Großmonra zu den ältesten urkundlich genannten Orten in Thüringen. Nach der Zerschlagung des Thüringer Königreiches (531/555) entstand der Ort durch fränkische Siedler am Ende des 6. oder Anfang des 7. Jahrhunderts. Das Haufendorf lag an einer alten Handelsstraße, die von Erfurt kommend über den Thüringer Wald nach Mainfranken verlief und gehörte deshalb, neben der Mühlburg (704), zu den wichtigsten fränkischen Militärstützpunkten. Möglicherweise geht das Land auf merowingisches Königsgut zurück, was die späteren umfangreichen Schenkungen von Karl dem Großen (747-814) an die Abtei Hersfeld beweisen (769 von Lullus gegründet). Um 725 begannen angelsächsische Missionare aus Wessex wie Wigbert (670-746), Willibald (700-787), Wunibald (701-761), Lullus (710-786) und Walburga (710-779) unter Wynfred/Bonifatius (673-754) thüringische Dörfer für die römische Kirche zu sichern. Bereits im Jahre 723 stellte der Frankenkönig Karl Martell (+22.10.741), Großvater Karls des Großen, einen Schutzbrief an fränkisch/thüringische Adlige für Bonifatius aus, der daraufhin in Hessen und Thüringen missionierte. Sein Verwandter Wunibald war zwischen 738/39 und 744 Pfarrer und Verwalter von sieben Kirchen (darunter Sülzenbrücken und Ohrdruf), während dessen Schwester Walburga möglicherweise in Apfelstädt und Arnstadt wirkte.
Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus der Lebensbeschreibung des heiligen Willibald, die von der Nonne Hugeburc noch zu dessen Lebzeiten (um 778) verfasst wurde. Hier heißt es auf Seite 100: „…tr. ebdomatib. ante nt. sa maram. in episcopatu cserat…in loco qudr sulzeprucge.“ („…tribus ebdomatibus ante natale Sancti Martini in episcopatum consecratus est in loco que dicitur Sulzeprucge.“), deutsch: “... drei Wochen vor der Geburt [Namenstag] des heiligen Martin [11.11.] wurde er zum Bischof geweiht an einem Ort, der Sülzenbrücken heißt.“